Chlamydien: Definition und Überblick
Chlamydien – oder wissenschaftlich korrekt Chlamydia trachomatis – sind Bakterien, die sich als Parasit in Zellen von Schleimhäuten im Augen-, Atemwegs- oder Genitalbereich einnisten. Relevant für die meisten Entzündungen sind hierbei die Unterarten D bis K (auch Serovare D bis K genannt).
Auch wenn Chlamydien häufig unerkannt bleiben und Betroffene nichts von ihrer Infektion merken, kann es zu Juckreiz, Brennen, Unterleibsentzündung (PID), Schmerzen im Intimbereich beim Wasserlassen oder beim Geschlechtsverkehr kommen. Beobachtest du eines dieser Anzeichen bei dir, solltest du dich über die Symptome und den Verlauf einer Chlamydien-Infektion informieren.
Allein in Deutschland wird die Zahl der Neuinfektionen auf 300.000 pro Jahr geschätzt. Und da es für Chlamydien weder eine flächendeckende Meldepflicht noch eine standardmäßige Testung gibt, geht man sogar von einer viel höheren Dunkelziffer aus.
Zu Chlamydien und anderen Geschlechtskrankheiten ist immer noch jede Menge Aufklärungsarbeit nötig. Studien legen nahe, dass sich die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal mit einer sexuell übertragbaren Infektion anstecken.
Wir alle können gemeinsam dazu beitragen, die Aufklärung in diesem Bereich voranzutreiben, indem wir offen über Geschlechtskrankheiten wie Chlamydien sprechen.
Chlamydien und ihre Folgen: Was passiert nach einer Infektion mit Chlamydien?
Disclaimer: Die in diesem Teilabschnitt verwendeten Wörter „Frau“ und „Mann“ beziehen sich auf das Vorhandensein von weiblichen bzw. männlichen Geschlechtsorganen.
Die Folgen von Chlamydien können gerade für Frauen ein hohes Risiko darstellen. Hierbei ist die Möglichkeit der Unfruchtbarkeit die gravierendste.
Männer verbreiten die Krankheit zwar weiter, erleiden durch die Infektion aber selbst seltener langwierige Gesundheitsprobleme.
Gebärmutterhalsentzündung
Harnröhrenentzündung
Entzündliche Beckenerkrankung (PID)
Eileiter-Verklebung und Unfruchtbarkeit
Bauchhöhlen-, Eileiterschwangerschaft
Entzündungen von Samenleiter, Hoden, Prostata
Unfruchtbarkeit
Entzündung des Bauchraums
In einigen Fällen kann es zur Ausbildung einer sogenannten reaktiven Arthritis kommen, was sich in Form von schmerzhaften Gelenkentzündungen bei Menschen jeglichen Geschlechts äußern kann. Hier können Chlamydien-Tests entscheidend zur Therapieentscheidung beitragen.
Genitale Chlamydien-Infektionen sind die häufigste Ursache erworbener Unfruchtbarkeit in den westlichen Industrieländern. Mindestens ein Fünftel aller Fälle von Unfruchtbarkeit bei Frauen, so schätzen Experten, gehen in diesen Ländern auf das Konto verschleppter Chlamydien-Infektionen. Für diejenigen Fälle von Unfruchtbarkeit, die durch Tubenverschluss (Eileiterverschluss) hervorgerufen werden, sind Chlamydien sogar zu 90 Prozent verantwortlich. Auch Bauchhöhlenschwangerschaften, chronische Unterleibsschmerzen und Frühgeburten sowie Erkrankungen von Neugeborenen können durch verschleppte Chlamydien ausgelöst werden.
Indizien zeigen, dass sich bei Männern die Spermienqualität bei unentdeckten und unbehandelten Chlamydien vermindern kann. Weitere Folgen der Infektion sind zudem mögliche Entzündungen der Nebenhoden und Prostata sowie Harnröhrenverengungen. Diese führen ebenfalls zu Veränderungen der Organe, die die Zeugungsfähigkeit bei Männern verringern können.
Es ist möglich, Chlamydien jahrelang unbemerkt mit sich herumzuschleppen, auch wenn es schwer vorstellbar ist. Wie lange man Chlamydien haben kann, hängt von mehreren Faktoren ab:
In den meisten Fällen bleiben die Chlamydien jahrelang unbemerkt, da es entweder keine typischen oder gar keine Beschwerden gibt. Zudem besteht auch die Möglichkeit, dass eine Chlamydien-Infektion von alleine wieder verschwindet. Allerdings kann es dann trotzdem schon zu Verklebungen der Eileiter oder zu einer verminderten Zeugungsfähigkeit bei Männern gekommen sein. Alleine im Gebärmutterhals können sich Chlamydien einige Monate unbemerkt festsetzen, in den Eileitern sogar über viele Jahre.
Ein wichtiger Aspekt ist der regelmäßige Test, der eine verschleppte Chlamydien-Infektion verhindern soll.
Chlamydien-Infektion erkennen: Darum ist es wichtig, eine Chlamydien-Erkrankung früh festzustellen
Eine Chlamydien-Infektion früh zu erkennen, ist vor allem für junge Frauen wichtig, weil deren Genitaltrakt vermehrt zylindrisch geformte Zellen aufweist, die von Bakterien bevorzugt werden. Auch sind die lokalen Abwehrkräfte in der Scheide noch unvollständig ausgebildet, besonders bei jungen Raucherinnen. So können die Chlamydien bis in die Gebärmutter wandern und dort eine Entzündung auslösen.
Bleibt die durch eine Chlamydien-Infektion entstandene Entzündung unbemerkt und unbehandelt, gelangen die Erreger weiter hinauf in die Eileiter. Diese können im Laufe der Jahre im schlimmsten Fall verkleben und in Abschnitten vernarben, die die Eizellen auf ihrem Weg aus dem Eierstock in die Gebärmutter passieren müssen. Nach Schätzungen wurden allein in Deutschland vermutlich bereits 100.000 Frauen durch eine Chlamydien-Infektion unfruchtbar.
Auch chronische Unterleibsschmerzen und Bauchhöhlenschwangerschaften gehen auf das Konto der heimlich eingewanderten Chlamydien. Denn wenn einem bereits befruchteten Ei – für die winzigen Spermien bleibt der Eileiter oft passierbar – der Weg vom Eierstock in die Gebärmutter blockiert ist, kann es unter Umständen in die Bauchhöhle entweichen und sich dort unter der Bauchdecke anheften.
Bisher gibt es keinen hundertprozentigen Schutz vor Chlamydien. Man kann das Risiko einer Infektion allerdings deutlich reduzieren, indem man beispielsweise Kondome oder Femidome benutzt, um eine Barriere gegen die Übertragung von möglicherweise infektiösen Körperflüssigkeiten zu schaffen.
Darüber hinaus gibt es einen Schutz vor den Folgen einer Infektion: einen Chlamydien-Test. Dieser kann bei einem Arzt oder im Gesundheitsamt durchgeführt werden, ob mit oder ohne spürbare Symptome. Pro Jahr zahlt die Krankenkasse jungen Frauen bis 25 Jahre einmal einen Chlamydien-Test. Dafür braucht es lediglich eine Urinprobe und keinen unangenehmen oder schmerzvollen Eingriff.
Bisher gibt es keine Chlamydien-Impfung. Das macht den bereits angesprochenen Test umso wichtiger, damit Infektionen nicht unerkannt bleiben. Gegen andere sexuell übertragbare Infektionen gibt es aber durchaus Impfstoffe. Welche davon für dich infrage kommen, erfährst du in den
Chlamydien-Meldepflicht: Gibt es gesetzliche Regeln zum Infektionsschutz?
Das Robert Koch Institut in Berlin erfasst deutschlandweit sogenannte meldepflichtige Infektionen, um gezielt gegen diese vorzugehen und medizinische Maßnahmen koordinieren zu können. Chlamydien fallen aber nicht darunter. Die Gesundheitsbehörden einzelner Bundesländer können allerdings eigene Meldepflichten festlegen – aktuell gibt es deshalb in Sachsen eine Chlamydien-Meldepflicht.
Die aktuelle Häufigkeit von Chlamydien kann wohl darauf zurückgeführt werden, dass Jugendliche heute deutlich früher ungeschützte sexuelle Erfahrungen machen als noch vor einigen Jahren. Denn die sogenannten genitalen Chlamydien – diese gehören der Gattung Chlamydia trachomatis in der Untergruppe/Serovar D bis K an – werden ausschließlich über Sexualkontakte übertragen. Genauer gesagt: über alle Arten von Schleimhautkontakten.
Betroffen sind hier alle Geschlechter – allerdings fehlt es gerade jungen Männern häufig an den entsprechenden ärztlichen Anlaufstellen. Möchtest du über Chlamydien sprechen, kannst du dich beispielsweise an einen Urologen, Hausarzt, Hautarzt oder auch an das Gesundheitsamt sowie an Beratungsstellen wenden. Dabei nisten sich die Erreger bevorzugt in der Schleimhaut sehr junger Frauen ein.
Die Häufigkeit von Chlamydien im Laufe der Zeit
Wie gesagt hängt die Häufigkeit, mit der Chlamydien auftreten, mit der deutlich früheren Geschlechtsreife und sexuellen Aktivität von Jugendlichen zusammen. Dabei sind besonders junge Mädchen gefährdet. Da sich Chlamydien aus anatomischen Gründen leichter am Muttermund niederlassen können, besteht hier also ein größeres Ansteckungsrisiko.
Eine Möglichkeit, um das Infektionsrisiko mit Chlamydien noch besser bewerten zu können, wäre eine höhere Frequenz standardmäßig durchgeführter Tests. So könnten das Risiko besser bewertet und die vorhandenen Chlamydien-Infektionen tatsächlich nachgewiesen werden.
Chlamydien-Verbreitung: Wie stark sind Jugendliche betroffen?
Um die Verbreitung von Chlamydien besser nachvollziehen zu können, werfen wir einen Blick auf die Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Hier wird die Zahl der Chlamydien-Infektionen weltweit auf über 140 Millionen geschätzt.
Laut dem European Centre for Disease Prevention and Control ist eine Infektion mit Chlamydien sogar die am häufigsten gemeldete sexuell übertragbare Krankheit in Europa. 2018 wurden dabei über 406.400 bestätigte Fälle in 26 Ländern der europäischen Region gezählt. Demnach kommen auf 100.000 Menschen im Schnitt 146 Infizierte. Am häufigsten betroffen sind junge Frauen zwischen 15 und 20 Jahren. Bei Jugendlichen steigt die Quote an Infektionen auf 367,5 pro 100.000 Menschen.
Aufgrund der fehlenden Meldepflicht und der unauffälligen Symptome wird die Dunkelziffer noch deutlich höher geschätzt. Auch werden durch die bisherige Teststrategie mehr Frauen als Männer getestet – das wirkt sich natürlich auch auf die Anzahl der positiven Ergebnisse aus.
An welchen Körperstellen können Chlamydien vorkommen?
In folgenden Bereichen des Körpers können Chlamydien vorkommen: in den Schleimhäuten von Harnröhren von Männern und Frauen, im Enddarm, Gebärmutterhals, in der Vagina, im Sperma sowie in Vaginalflüssigkeit (Scheidenflüssigkeit), ebenso im Urin und im „Lusttropfen“, allerdings in geringerer Konzentration.
Chlamydien können sich auch im Rachen festsetzen – was über Oralverkehr erfolgen kann. Dies führt aber nicht zu einer Erkrankung und verschwindet gewöhnlich nach ein paar Wochen wieder.
Ohne Chlamydien-Test bleiben die meisten Infektionen unerkannt – gerade, weil die Betroffenen oft gar nichts davon merken. Bedeutet das also, dass man nichts unternehmen muss? Nein, denn gerade die Spätfolgen einer verschleppten Infektion mit Chlamydien können großen Einfluss auf die weitere Lebensplanung haben.
Und darum gibt es seit mehr als zehn Jahren das sogenannte Chlamydien-Screening. Das ist ein jährliches, kostenloses Testangebot für alle Frauen bis 25 Jahre. Was ist schon eine Urinprobe im Vergleich zu den Risiken, die Chlamydien mit sich bringen?
Alle Menschen können etwas für ihre sexuelle Gesundheit tun. Ein erstes Gespräch mit einem Arzt hilft, das eigene Risiko für eine sexuell übertragbare Infektion (STI) einzuschätzen und ggf. Maßnahmen zu besprechen.
Gibt es Vorsorgeuntersuchungen für Chlamydien während der Schwangerschaft?
In Deutschland gibt es regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen auf Chlamydien bei bestehender Schwangerschaft. Im Rahmen dieser Schwangerenvorsorge ist der Nachweis von Chlamydien eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse, sodass keine Kosten anfallen.
Besonders für Schwangere bergen Chlamydien-Infektionen ein hohes Risiko. Durch den Eintritt vorzeitiger Wehen und eines vorzeitigen Blasensprungs kann es zu einer Frühgeburt kommen – außerdem können Chlamydien während des Geburtsvorgangs beim Neugeborenen Infektionen der Augen und Atemwege auslösen.
Gibt es regelmäßige Chlamydien-Tests für Nichtschwangere?
Auch Chlamydien-Tests für nicht schwangere Frauen sind durchaus sinnvoll. Dabei können sich in Deutschland alle Frauen bis zu einem Alter von 25 Jahren einmal jährlich auf Chlamydien testen lassen – auch ohne einen konkreten Anlass. Sollten Symptome bestehen oder ein entsprechender Verdacht auf Chlamydien vorliegen, erfolgt der Test auch ohne Altersbeschränkung kostenlos.
Wichtig hierbei: Diese Vorsorge wird nicht zwingend vom Arzt nachgehalten oder angeregt. Daher gilt die Empfehlung, das Thema selbst anzusprechen und sich informieren zu lassen. So kann jeder aktiv etwas für seine sexuelle Gesundheit tun.
Gibt es Vorsorgeuntersuchungen für Chlamydien während der Schwangerschaft?
Für die Chlamydien-Vorsorge, wie auch für den Umgang in einer Partnerschaft generell, gilt: Ein offener und vertrauensvoller Dialog ist das A und O. Und schützt letztlich alle vor möglichen schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen.
Chlamydien-Test: Wie hoch sind die Kosten?
Ob die Kosten für einen Chlamydien-Test von deiner Krankenkasse übernommen werden, ist von mehreren Faktoren abhängig. Diese sind: dein Alter und ob Beschwerden vorliegen oder nicht.
In Deutschland können sich einmal im Jahr alle Frauen bis zu 25 Jahren ohne konkreten Anlass – also auch ohne Anzeichen einer Chlamydien-Infektion – untersuchen lassen. Sollten Symptome oder ein entsprechender Verdacht auf eine Infektion vorliegen, erfolgt der Test auch ohne Altersbeschränkung kostenlos.
Bei entsprechenden Beschwerden wird der Test auch für Männer von den Krankenkassen erstattet. Im Rahmen der Verschreibung der PrEP (Präexpositionsprophylaxe HIV) sollten die Beratung und Testung durch einen entsprechenden Arzt erfolgen.
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