Von den Herpes simplex-Viren (HSV) gibt es zwei Typen: HSV-1 und HSV-2. HSV-1 ist für die meisten Fälle von Lippenherpes verantwortlich. HSV-2 infiziert die Schleimhautzellen der Geschlechtsorgane.
Die Durchseuchung der Bevölkerung mit HSV-1 und HSV-2 ist mit rund 90 Prozent sehr groß. Die Viren befinden sich in den Haut- und Schleimhautbläschen erkrankter Personen und werden von Mensch zu Mensch über kleinste Verletzungen der Haut und Schleimhaut übertragen. Die erste Infektion (Primärinfektion) erfolgt fast immer, ohne dass der Betroffene etwas davon bemerkt.
Beide Virustypen verbleiben lebenslang im Körper, und es kann wiederholt zum Auftreten der typischen „Herpesbläschen“ kommen. Die Abstände zwischen den einzelnen Krankheitsschüben sind individuell verschieden und nicht vorhersehbar.
Eine Herpesvirus-Infektion kann auch reaktiv sein, ohne dass die typischen Bläschen als äußeres Zeichen auftreten. Das heißt: Obwohl der Betroffene keine Symptome verspürt, vermehren sich die Viren, werden über die Schleimhäute ausgeschieden und können auf andere Menschen übertreten.
Die Infektion mit HSV-1 im Gesichts- und Lippenbereich erfolgt gewöhnlich schon in den ersten Lebensjahren durch engen körperlichen Kontakt von Mutter und Kind, Geschwistern oder Spielgefährten. Die Infektion bleibt oft unbemerkt. Hat sie stattgefunden, verbleiben die Viren lebenslang im Körper. Allerdings suchen die Viren in der Latenzphase andere Zellen auf als die primär infizierten Schleimhautzellen.
Wenn HSV-1 in die Mundhöhle gelangt ist, erkennen die Viruspartikel bestimmte Strukturen, so genannte Rezeptoren, an den Enden der Fortsätze (Axone) von Nervenzellen. Über die Rezeptoren verschaffen sich die Viren Zutritt in das Innere der Neuronen und gelangen durch die langen Nervenzellfortsätze bis in den Zellkörper, wo sich der Kern der Nervenzelle befindet.
Im Bereich des Gesichts sind viele Nervenzellen in „Knoten“ (Ganglien) des Trigeminus-Hirnnerven organisiert. In diesen Ganglien sind die Viren vor dem Immunsystem geschützt und überdauern in einem biologisch inaktiven Zustand (Latenz), ohne sich zu vermehren. Äußere Reize wie intensive Sonnenbestrahlung, Fieber (man spricht deshalb auch von „Fieberbläschen“), Stress, hormonelle Veränderungen, aber auch körperliche Belastungen oder kleine Verletzungen können die Viren in den Nervenzellen reaktivieren. Die virale Erbinformation wird abgelesen.
Zahlreiche neue Viruspartikel werden produziert. Diese „lysieren“ die Wirtszelle, die zugrunde geht, und gelangen durch den Nervenzellfortsatz wieder an die Stelle der ursprünglichen Infektion oder in unmittelbare Nähe.
Wenn die Erreger in den Epithelzellen der Haut angekommen sind, erzeugen sie Fieberbläschen an Lippen und Mundschleimhaut. Die Bläschen bleiben selten länger als einige Tage bestehen. Das Immunsystem greift die Viren im Innern der Bläschen an und zerstört sie.
Die Bläschenerkrankung ist zwar unangenehm, normalerweise aber harmlos. Nur selten kommt es zu schweren Komplikationen, etwa einer Gehirnentzündung (Herpes-Enzephalitis). Befällt das Virus die Hornhaut des Auges (Herpes corneae) kann es zu Sehstörungen bis hin zur Erblindung kommen. Gefährlich ist eine Infektion mit HSV-1 allerdings für Neugeborene und für Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist. In seltenen, manchmal tödlich verlaufenden Fällen kann das Virus Bläschen entstehen lassen, die sich über den ganzen Körper ausbreiten.
Das Herpes-simplex-Virus Typ 2 befällt vorwiegend die Harn- und Geschlechtsorgane. Die Infektion geht mit sehr schmerzhaften Entzündungen einher, und es entstehen die typischen, flüssigkeitsgefüllten Herpesbläschen. Das Virus wird in erster Linie während sexueller Kontakte übertragen.
Eine HSV-2-Infektion ist vor allem für Neugeborene gefährlich: Sie können sich während der Geburt infizieren. Ist die Infektion der Mutter bekannt, kann eine Entbindung per Kaiserschnitt verhindern, dass das Virus auf das Neugeborene übertragen wird. Auch HSV-2 verbleibt lebenslang im Körper, die Symptome treten wie bei HSV-1in Abständen auf, die individuell unterschiedlich sind.
Das Varicella-Zoster-Virus verursacht zwei verschiedene Krankheiten: Windpocken (Varicella) und Gürtelrose (Zoster). Früher glaubte man, dass die beiden unterschiedlich verlaufenden Krankheiten auch von zwei verschiedenen Viren hervorgerufen werden. Seit den 1930er Jahren ist bekannt, dass das gleiche Virus dafür verantwortlich ist. Die „Wind“- oder „Wasserpocken“ sind weltweit verbreitet und treten zumeist im Kindesalter auf. In Deutschland kommen Windpocken unter den Infektionskrankheiten im Kindesalter, die prinzipiell durch eine Impfung vermeidbar sind, am häufigsten vor.
Die Viren dringen über den Mund in den Körper ein, vermehren sich in den oberen Atemwegen und gelangen nach einigen Tagen ins Blut. Sie befallen alle Organe und breiten sich schließlich in der Haut aus, wo sie die typischen Hautbläschen entstehen lassen. In diesem Stadium der Krankheit ist der Patient sehr ansteckend. Rund drei Tage, nachdem die Bläschen aufgetreten sind, hat das Immunsystem die Viren mithilfe von Killerzellen und Antikörpern beseitigt. In den darauffolgenden ein bis zwei Wochen heilen die Bläschen ab.
Eine Windpockenerkrankung verläuft in der Regel ohne Komplikationen. Selten kommt es zu einer Entzündung des Gehirns, der Lungen, des Mittelohrs oder des Herzmuskels.
Während der Schwangerschaft ist eine Windpockeninfektion jedoch gefährlich: Das Ungeborene kann Fehlbildungen davontragen, von Hautnarben bis hin zu unterentwickelten Gliedmaßen. Sehr ernst können Windpockeninfektionen auch bei Neugeborenen verlaufen.
Normalerweise ist derjenige, der einmal an Windpocken erkrankt ist, sein ganzes weiteres Leben lang vor einer erneuten Windpocken-Erkrankung geschützt. Das Varicella-Zoster-Virus kann sich jedoch – wie alle Mitglieder der Herpesfamilie – im Körper verstecken und jahrelang in einem Ruhezustand verharren: Wenn es sich während der akuten Erkrankung in den Zellen der Haut vermehrt, befällt es auch Nervenzellen, deren Ausläufer (Axone) zum Rückenmark ziehen und Rumpf und Rücken versorgen.
Bei den meisten Menschen ruht das Virus daraufhin ein Leben lang in den Nervenwurzeln nahe dem Rückenmark, ohne sich erneut bemerkbar zu machen. Manchmal aber wird es aktiv und beginnt, sich zu vermehren. Das kann bei älteren Menschen, bei einem geschwächten Immunsystem oder starkem seelischen und körperlichen Stress geschehen. Die Viren wandern dann durch die Nervenzellfortsätze in die Haut, vermehren sich dort und lassen einen äußerst schmerzhaften Ausschlag entstehen, die „Gürtelrose“. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts erkranken etwa 20 Prozent der Bevölkerung einmal im Leben an einer Gürtelrose.
Die Krankheit beginnt mit starken, brennenden Schmerzen und Gefühlsstörungen. Zumeist ist ein streifenförmiges Hautgebiet der Brust, seltener an Bauch oder Hüfte betroffen. Oft entstehen erst einige Tage, nachdem die Schmerzen eingesetzt haben, auf den entzündeten Regionen der Haut kleine, flüssigkeitsgefüllte Bläschen. Sie platzen auf und heilen ab, ohne Narben zu bilden. Die Bläschen enthalten unzählige Viren. Menschen, die an Gürtelrose erkrankt sind, sollten sich deshalb von Erwachsenen mit einer Abwehrschwäche und Kindern, die noch keine Windpocken hatten, fern halten.
Bei Menschen, deren Immunsystem sehr geschwächt ist, kann die Viruserkrankung auf andere Organe übergreifen, beispielsweise auf das Gehirn und die Gehirnhäute. Häufig wird der so genannte fünfte Gehirnnerv – die Mediziner sprechen vom „Nervus trigeminus“ – von den Viren befallen, was mit starkem Schmerzen im Gesicht einhergeht.
Wenn sich der Bereich des Trigeminus-Nervs entzündet, der zur Stirn zieht, werden oft auch die Sehnerven sowie die Horn- und Regenbogenhaut des Auges beeinträchtigt. Dieser „Zoster opthalmicus“ vermag dauerhafte Sehstörungen zu verursachen. Der „Zoster oticus“ des Ohres kann zu Taubheit führen und die Muskeln des Gesichtes einseitig lähmen.
Zytomegalie-Viren sind weit verbreitet. Der Name der Viren bezieht sich auf das Aussehen der Zellen, nachdem sie infiziert worden sind: Sie werden zu Riesenzellen (griech. cytos, Zelle; griech. megalos, groß, gewaltig) mit charakteristischen Einschlusskörperchen, weshalb man auch von der „Einschlusskörperchenkrankheit“ spricht. Auch das Zytomegalie-Virus bleibt lange Zeit, wahrscheinlich lebenslang, im Körper der Infizierten. Wo es sich aufhält, ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt, diskutiert werden neben Gewebe und Organen auch die weißen Blutzellen.
Bei erwachsenen Menschen, deren Immunsystem intakt ist, verläuft die Infektion nahezu symptomlos. Bei Menschen mit geschwächter Abwehr (beispielsweise Aids- und Tumorkranke) kann das Virus jedoch lebensgefährliche Erkrankungen hervorrufen. Häufig befällt es die Netzhaut der Augen mit der Gefahr einer Erblindung, das zentrale Nervensystem und die Lunge. Erwachsene infizieren sich durch Tröpfcheninfektion oder Geschlechtsverkehr, ein weiterer möglicher Übertragungsweg ist die Transplantation von Organen, die von infizierten Menschen stammen. Jede infizierte Person kann das Virus übertragen – auch Personen, bei denen sich das Virus noch nie mit Symptomen bemerkbar gemacht hat.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist das Zytomegalie-Virus in Deutschland die häufigste Ursache für vorgeburtliche (pränatale) Virusinfektionen: Etwa ein Prozent aller Neugeborenen kommt mit einer Zytomegalie-Virusinfektion zur Welt. Das Virus gelangt über das Blut und die Plazenta der Mutter in den Fötus; vor allem Infektionen in den ersten sechs Monaten der Schwangerschaft sind gefährlich. Rund 20 Prozent der vorgeburtlich (pränatal) infizierten Neugeborenen entwickeln schwere Krankheitsbilder, beispielsweise epileptische Krampfanfälle, Wasserkopf, Hirnhaut- oder Leberentzündungen oder Blutarmut. Viele Neugeborene sind bei der Geburt noch unauffällig, Innenohr und Gehirn sind jedoch bereits durch die Viren geschädigt. Erst später entwickeln sie erkennbare Krankheitszeichen wie Schwerhörigkeit oder gar Taubheit, geistige Retardierung (verzögerte Entwicklung) oder motorische Defizite. Sehr viel häufiger als die Ansteckung vor ist die Infektion während der Geburt (perinatale Infektion). Sie verläuft im Vergleich harmlos und geht mit Beschwerden einher, die denen einer Grippe ähneln.
Das Virus trägt seinen Namen nach seinen Entdeckern Michael Epstein und Murray Barr. Die Wissenschaftler beschrieben dieses Mitglied der Herpesvirus-Familie erstmals im Jahr 1964. Beim Menschen kann es unterschiedliche Krankheitsbilder hervorrufen.
Ein erster Kontakt mit dem Virus führt zum „Pfeifferschen Drüsenfieber“, einer Erkrankung des Lymphgewebes, die vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen vorkommt. Wie andere Herpesviren auch, lebt das Virus danach jahrelang im Körper, ohne Krankheitssymptomen hervorzurufen (Latenz). Bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann es reaktiviert werden und eine „Leukoplakie“ (Weißschwielenkrankheit) der Zunge verursachen, die mit Schleimhautveränderungen, weißlichen Flecken und Verdickungen einhergeht. Epstein-Barr-Viren werden für bösartige Tumoren des Lymphgewebes verantwortlich gemacht, die nur in den Tropen und Subtropen vorkommen (Burkitt-Lymphome). Auch mit vor allem in Südchina vorkommenden Krebserkrankungen des Nasen-Rachen-Raumes werden die Viren in Zusammenhang gebracht.
Das nach Erstkontakt entstehende Pfeiffersche Drüsenfieber wird auch als „infektiöse Mononukleose“ oder als „Kissing disease“ (Kusskrankheit) bezeichnet. Die Ansteckung erfolgt über Tröpfcheninfektion, beispielsweise durch Anhusten, oder über den Speichel infizierter Menschen. Etwa ein bis drei Wochen nach der Ansteckung macht sich die Infektion mit hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen bemerkbar. Typisch ist auch eine vergrößerte Milz, die Lymphknoten schwellen an, die Mandeln entzünden sich. Die Erkrankung dauert einige Tage bis Wochen an. Als Komplikation kann eine Entzündung der Hirnhäute oder des Herzmuskels auftreten.
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