Berlin, 23. Januar 2024

Hohe bürokratische Hürden, wenig Vernetzung und eine fehlende flächendeckende digitale Infrastruktur - die klinische Forschung hat momentan keinen einfachen Stand in Deutschland. Woran es hierzulande hakt und wie Deutschland wieder den Anschluss an die Weltspitze finden kann, wurde im Rahmen eines Symposiums [1] auf dem diesjährigen Deutschen Krebskongress (DKK) diskutiert.

Als Standort für die klinische Forschung verliert Deutschland im internationalen Vergleich an Bedeutung - dieses düstere Bild zeichnet eine aktuelle Studie2 mit Daten bis zum Jahr 2021: So ist Deutschland bei der Anzahl der klinischen Studien in den letzten zehn Jahren vom zweiten auf den siebten Platz abgerutscht. Mit 2.621 Studien lag Deutschland im Jahr 2021 nicht nur deutlich hinter den Spitzenreitern USA (~12.500 Studien) und China (~7.800 Studien), sondern fiel gleichzeitig auch hinter andere europäische Staaten wie Frankreich (~3.045 Studien), Spanien (2.950 Studien) und Großbritannien (2.944 Studien) zurück. Die Autoren der Analyse warnen zudem vor einer weiteren Verschärfung der Situation: Ohne entschiedene Maßnahmen zur Förderung der medizinischen Forschung könnte die Anzahl der klinischen Studien in Deutschland bis 2030 um weitere 35% sinken, die Anzahl der in Studien eingeschlossenen Patient:innen sogar um 40%. 

„Das ist eine alarmierende Entwicklung - für die klinische Forschung einerseits, aber ebenso für die Versorgung von Patient:innen in Deutschland”, betont Martin Proske, Operating Unit Head Oncology bei der Roche Pharma AG. „Die Teilnahme an klinischen Studien ist für viele Patient:innen oft die einzige Möglichkeit, frühzeitig Zugang zu neuen, innovativen Therapien zu erhalten. Gleichzeitig wissen wir, wie wichtig es für die Versorgungsqualität ist, dass auch Behandler:innen frühzeitig, im Rahmen von klinischen Studien, Erfahrungen mit neuen Substanzen und Behandlungsstrategien gewinnen können.”

Darüber, dass Deutschland grundsätzlich gute Voraussetzungen für die klinische Forschung mitbringt, herrschte Einigkeit auf dem Symposium: So verfügt Deutschland über eine starke Grundlagenforschung und ein wettbewerbsfähiges und robustes Netzwerk an universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Zudem betreiben rund 80% der global führenden forschenden Pharmaunternehmen mindestens einen Forschungs- und Entwicklungsstandort in Deutschland.2 Woran liegt es aber dann, dass Deutschland als Forschungsstandort an Attraktivität verliert? „Die Gründe sind vielfältig und tatsächlich auch seit Jahren bekannt”, so Proske. „Sie reichen von unzureichender Digitalisierung und digitaler Vernetzung über komplexe bürokratische Anforderungen bis hin zu fehlenden vertraglichen Standards. Unterm Strich hat dies zur Folge, dass Deutschland für die klinische Forschung zu kompliziert ist - und viel zu langsam. Wir stecken hierzulande oft noch in Verhandlungen fest, während in anderen Ländern, die Forschung und Entwicklung gezielt gestärkt haben, schon Patient:innen in neue Studien eingeschlossen werden.”

Damit Deutschland wieder attraktiv für internationale Spitzenforschung wird, braucht es mehr als graduelle Verbesserung, so das gemeinsame Fazit des Symposiums. Es müsse darum gehen, bürokratische Hürden in aller Konsequenz abzubauen, die Genehmigung von Studien in Deutschland zu beschleunigen und die Verhandlungen zwischen der Gesundheitsindustrie und Kliniken und Praxen zu erleichtern. Dies unter anderem auch durch die verbindliche Implementierung von Standardvertragsklauseln, verbindlichen und gesetzlich geregelten Preiskatalogen für Studien, die jährlich durch ein paritätisch besetztes Gremium überprüft und angepasst werden. Betont wurde zudem die Notwendigkeit, die digitale Transformation des Gesundheitswesens - unter anderem durch eine pragmatische Handhabung des Datenschutzes - zu beschleunigen und die Vernetzung von Academia und Industrie zu fördern.

 „Deutschland zurück an die Weltspitze der klinischen Forschung zu führen bedeutet nicht weniger, als den Innovationsstandort Deutschland gezielt zu fördern - und dabei fragen wir als Industrie nicht nach Subventionen oder sonstigen Fördermitteln. Stabile, gute und verlässliche Rahmenbedingungen wären ein erster bedeutsamer Schritt in die richtige Richtung”, so Proske. „Angesichts der Tatsache, dass rund 90% der klinischen Studien von der Industrie unterstützt werden, bedeutet das auch: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen  für die forschende Gesundheitsindustrie nachhaltig verbessert werden. Mit der gemeinsamen Pharmastrategie hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr ein dringend notwendiges Aufbruchsignal in diese Richtung gesendet.  Entscheidend ist aber, dass die festgelegten Absichten nun auch konsequent und im Dialog mit der Industrie in die Realität umgesetzt werden. Dazu braucht es keine 100%-Lösung in allen Aspekten, aber 100%ige Zielorientierung, Verantwortlichkeit und Verbindlichkeit von allen relevanten Stakeholdern - ein echtes Commitment zum Studienstandort Deutschland.”

Referenzen

[1] Krebs-Forschungsstandort Deutschland - Fortschritt gemeinsam gestalten, Symposium im Rahmen des Deutschen Krebskongresses, Berlin, 23.02.2024

[2] vfa/Kearney 2023; Pharma-Innovationsstandort Deutschland

Alle erwähnten Markennamen sind gesetzlich geschützt.

Disclaimer: Hinweis betreffend zukunftsgerichteter Aussagen

Dieses Dokument enthält gewisse zukunftsgerichtete Aussagen. Diese können unter anderem erkennbar sein an Ausdrücken wie „sollen", „annehmen", „erwarten“, „rechnen mit", „beabsichtigen", „anstreben", „zukünftig", „Ausblick“ oder ähnlichen Ausdrücken sowie der Diskussion von Strategien, Zielen, Plänen oder Absichten usw. Die künftigen tatsächlichen Resultate können wesentlich von den zukunftsgerichteten Aussagen in diesem Dokument abweichen, dies aufgrund verschiedener Faktoren wie zum Beispiel: (1) Preisstrategien und andere Produkteinitiativen von Konkurrenten; (2) legislative und regulatorische Entwicklungen sowie Veränderungen des allgemeinen wirtschaftlichen Umfelds; (3) Verzögerung oder Nichteinführung neuer Produkte infolge Nichterteilung behördlicher Zulassungen oder anderer Gründe; (4) Währungsschwankungen und allgemeine Entwicklung der Finanzmärkte; (5) Risiken in der Forschung, Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte oder neuer Anwendungen bestehender Produkte, einschließlich (nicht abschließend) negativer Resultate von klinischen Studien oder Forschungsprojekten, unerwarteter Nebenwirkungen von vermarkteten oder Pipeline-Produkten; (6) erhöhter behördlicher Preisdruck; (7) Produktionsunterbrechungen; (8) Verlust oder Nichtgewährung von Schutz durch Immaterialgüterrechte; (9) rechtliche Auseinandersetzungen und behördliche Verfahren; (10) Abgang wichtiger Manager oder anderer Mitarbeitender sowie (11) negative Publizität und Medienberichte. Die Aussage betreffend das Wachstum des Gewinns pro Titel ist keine Gewinnprognose und darf nicht dahingehend interpretiert werden, dass der Gewinn von Roche oder der Gewinn pro Titel für eine gegenwärtige oder spätere Periode die in der Vergangenheit veröffentlichten Zahlen für den Gewinn oder den Gewinn pro Titel erreichen oder übertreffen wird.

Links zu Websites Dritter werden im Sinne des Servicegedankens angeboten. Der Herausgeber äußert keine Meinung über den Inhalt von Websites Dritter und lehnt ausdrücklich jegliche Verantwortung für Drittinformationen und deren Verwendung ab.